peter ryżek

apple man´s shut off   Acryl, Ölpastel, Absperrband, 75 x 115 cm

Zum Thema exponentielles Wachstum / Corona habe ich mich mit der unkontrollierten Ausbreitung, von z.B. Informationen, biotopfremden Gewächsen oder auch Krankheiten, und den Auswirkungen von Krisen beschäftigt.

Wann kippt der von Seerosen bedeckte See, das System? Wann ist es noch vorhanden?

Die Schönheit wird hässlich, weil bedrohlich. Eingreifen oder nicht? Und wann?     

Welches Maß an Kontrolle braucht ein System zu seinem Erhalt? Welches schränkt Wachstum und freie Entfaltung ein?

 

Definition: Exponentielles Wachstum, welches auch als unbegrenztes exponentielles Wachstum bezeichnet wird, liegt vor, wenn sich eine Größe in jeweils gleichen Zeitabschnitten (Perioden) immer um denselben Faktor verändert. (Beispiele: Seerosenteich, Reiskörner auf Schachbrett, gefaltetes Papier, Fraktale, Zellen, Bakterien, Viren).

 

Zum abgebildeten Fraktal

Beispiel Geld: exponentielles Wachstum von Vermögen und Schulden, die in einem Kreditgeldsystem zwei Seiten derselben Medaille und daher immer gleich groß sind - hat seine Ursache darin, dass der Zinssatz für Geld, wie wir es kennen, immer positiv sein muss, und das wiederum liegt daran, dass Geld, wie wir es kennen, nie verrottet und auch keine Lagerkosten hat, wie alle anderen Waren auf dem Markt. Das Vorhandensein von Geld ist nur eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung dafür, dass mehr wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden.

Beispiel Wissen: Seitdem es Schrift und den Buchdruck gibt, wird es nicht mehr vergessen. Es verrottet also nicht mehr - trägt es daher vielleicht: Zinsen? Nach Goethe sind Bibliotheken ein großes Kapital, das geräuschlos unberechenbare Zinsen spendet? Solange Wissen mündlich weitergegeben und im individuellen Gedächtnis gespeichert werden musste, bestand eine Leistung - auch für die Gesellschaft - bereits darin, nur das Erlernte zu behalten. Die keltischen Druiden, ebenso wie die Barden der alten Griechen, der Kurden oder der sibirischen Nomadenvölker konnten oft Zehntausende von Versen auswendig. Mit der Möglichkeit, sie auf Datenträgern zu fixieren, verlor dieses Können jeden Wert. Wer nun etwas gelten, etwas leisten will, muss Neues erschaffen. Aber erklärt dieser Gedanke die exponentielle Form dieses Wachstums, und den auffälligen Umstand, dass sein Zinssatz ziemlich genau so groß ist wie der des Geldes?

 

Etwas anderes kann vielleicht besser erklären, warum unsere dokumentierte Kenntnis der Welt exponentiell wächst: Exponentialität findet man in der Natur nämlich noch an sehr vielen anderen Stellen, wo sie mitnichten zerstörerisch ist:

Etwa in den Fraktalen. Fraktale sind mathematische Gleichungen, die selbstähnlich und an keinem Punkt differenzierbar sind. Das bekannteste Beispiel ist die Mandelbrotmenge, das sogenannte Apfelmännchen.

 

Endliche, differenzierbare Linien sind die Abstraktion. Kurven, die wir in der Natur vorfinden, sind meistens fraktal, etwa ein Farnblatt oder auch Meeresküsten, wie in einer Arbeit von Mandelbrot geschildert, die den Titel: "How long is the coast of Britain?" trägt. Je genauer man hinsieht, also mit je feinerem Maßstab man misst, desto feinere Verästelungen der Küste verfolgt man. So wird die Küstenlinie immer länger. Mandelbrot greift auf die Vorarbeit eines Geografen zurück, der solche Messungen für eine Reihe von Küsten gemacht und gefunden hat, dass die gemessene Länge tatsächlich in einer festen Beziehung zum Maßstab steht und den Regeln der Fraktalität gehorcht.

 

Es gibt einige mathematische Verfahren, mit denen man Muster erzeugt, welche natürlichen Strukturen wie Landschaften oder Pflanzen erstaunlich ähnlich sehen, etwa: Fibonacci-Zahlen und Fraktale. Die Mathematik bleibt dabei hinter den Links versteckt und der Fokus liegt auf der Optik und ein wenig philosophisch-biologischer Spekulation.

 

Der Romanesco-Broccoli etwa beinhaltet Merkmale beider mathematischer Verfahren: Seine Gesamtstruktur ist fraktal und die Spiralen folgen einer Fibonacci-Folge. Die Mathematik hinter beiden ist eigentlich relativ schlicht.

 

Der Bauplan eines solchen Gewächses ist natürlich in seinen Genen gespeichert. Diesen Bauplan kann man sich freilich nicht wie den eines Gebäudes vorstellen, denn es gibt keinen Architekten oder Handwerker, der mit dem Gesamtbild des Organismus vor Augen mit dem Bau beginnt. Stattdessen muss der Bauplan so hinterlegt sein, dass darin Anweisungen für die einzelnen Zellen der Pflanze enthalten sind: Diese müssen wissen, wie sie sich zu teilen und weiter zu wachsen haben. Dazu muss im Genom eine einfache Handlungsvorschrift, also ein Algorithmus abgelegt sein, dem die einzelnen Zellen folgen. Aus den lokalen Aktionen aller Zellen entspringt dann die Gesamtform der Pflanze.

 

Eine solche einfache Handlungsvorschrift führt zu geometrischen Mustern. Wenn sie geschickt gewählt ist, dann können diese Muster komplexe Strukturen bilden und durch kleine Veränderung ihrer Parameter Abwandlungen der resultierenden Form erzeugen. Mit anderen Worten: Einen mathematischen Algorithmus auf diese Weise in den Genen zu hinterlegen, ist eine für die Evolution sehr effiziente Form zur Speicherung und Weiterentwicklung des Bauplans eines Organismus.

peter ryżek

  • lebt und arbeitet in Wuppertal
  • seit 2008 Acryl-Malerei und begleitende künstlerische Ausbildung in den Bereichen Malerei und Installationen sowie Atelierarbeit und Austausch mit verschiedenen regionalen und überregionalen Künstlern
  • Workshops und Atelierarbeit mit Prof. Dr. Qi Yang, Dozent an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin, Universität und Kunstakademie Shanghai, Kunstzentrum Bochum
  • Ausstellungen, beispielsweise: WDR-Haus, Wuppertal (2015),  Universität, Wuppertal (2016), Backstubengalerie, Wuppertal (2016), Zentralbibliothek, Wuppertal (2017), Güterhallen im Südpark, Solingen (2017), Galerie art.studio, Mettmann (2018)
  • seit 2014 als Dozent: Malprojekte mit Kindern und Jugendlichen von Förderschulen und sozialtherapeutischen Einrichtungen
  • seit 2014 als Dozent: Malprojekte im Rahmen der Biografiearbeit mit demenziell erkrankten  Menschen, etwa im Kunstbahnhof Wipperfürth, CBT Edith-Stein-Haus, Tagespflege "MitHilfe"
  • seit 2019 als Galerist: Galerie ryżek wort + bild im Luisenviertel in Wuppertal
  • seit vielen Jahren als freier Journalist tätig, unter anderem für die WZ